Alles ist (wird) anders

Alles war anders an diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Keine Vorfreude auf ein Derby gegen einen Lokalrivalen. Kein Lampenfieber bei den Spielern der Kampfmannschaft. Keine Anfeuerungsrufe aus dem Pottschacher Publikum, nicht mal Kritik hagelte es. Was ist da los?

Alles war anders an diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Gleich drei Trainer standen heute beim SVSF Pottschach in der Kabine. Zunächst noch der etatmäßige Mani Hecher, der seine Mannschaft eigentlich auf ein Derby heiß machen wollte, sich aber nur mehr kurz vor die Mannschaft stellte, um sich von ihr zu verabschieden. Hecher war kurz zuvor mit sofortiger Wirkung entlassen worden. Der neue Trainer war auch schon in der Kabine. Manfred Köck heißt er. Wer ist das? Okay, auch der Webmaster weiß nur wenig von diesem Herren. Doch wozu gibt es Internet. Also bitte sehr, hier die Infos zum neuen SVSF-Coach. Manfred Köck, 57 Jahre alt, als Aktiver unter anderem für die Vienna und den Wiener Sportklub tätig. Als Trainer viel Erfahrung zumeist im Burgenland, unter anderem bei Parndorf. In NÖ schon mal in Berndorf auf der Betreuerbank. Letzter Job: U8- und Sparten-Trainer beim SV Mattersburg. Köck stellte sich in der Kabine der verdutzten Mannschaft vor, Trainer wollte er an diesem Tag noch nicht sein. Vielleicht rechnete er bereits mit der Niederlage, wollte wohl seine Statistik nicht anpatzen. Also wurde kurzerhand der sportliche Leiter, Karl-Heinz Tösch, als Interimscoach ins Feuer geschickt. 

Alles war anders an diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Spannung vor dem Spiel gleich Null. Die Pottschacher Mannschaft schlich auf´s Feld, um für ihren Trainer zu spielen, war mit dem Kopf aber nicht ganz, oder besser gar nicht, bei der Sache. Der Gegner, der SC Hirschwang, registrierte sofort, das hier heute etwas anders war. Deren Trainer, Thomas Füllenhals, der wurde übrigens in Pottschach auch schon mal vier Spieltage vor dem Saisonende gegangen, ließ seine Mannschaft Vollgas geben. Und diese gehorchte. Nach zehn Minuten war das Spiel entschieden. 2:0 für Hirschwang, Pausenstand 3:0, dazu noch ein Lattenschuss. Nach Wiederbeginn dasselbe Bild: Hirschwang erhöhte auf 4:0 und verabsäumte danach ein Schützenfest. Vielleicht war auch etwas Mitleid dabei. Jedenfalls wurden die Gäste am Ende überheblich, Pottschach kam zum 1:4 durch Alex Höller und hatte am Ende sogar Sitzer auf weitere Tore. Im Endeffekt aber war Hirschwang klar überlegen. Leider kegelte sich SCH-Keeper Sebastian Stummer einen Finger aus. Es ging sofort ins Spital, in der Schlussphase war er schon wieder am Pottschacher Sportplatz. Rücktausch war aber nicht gestattet, trotzdem Gute Besserung!

Alles war anders an diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Komische Atmosphäre auf dem Platz, irgendwie war es jedem wurscht, was da auf dem Platz passiert. Der einzige, der von nichts wusste, war Schiri Ringhofer. Oh Gott, war der schlecht. Wenn ein Spieler den Mund aufmachte, gab´s sofort Gelb. Gut, dass keine derben Fouls passierten. Leider gibt´s keinen Schiri für den Schiri, denn wenn ein Referee zu einem Spieler, diesmal Erkin Orhan, "Hoid die Gosch´n!" sagt, dann ist das normalerweise glatt Rot. Pass eingezogen, Sperre würden wir mal annehmen mindestens fünf Spiele. Man darf sich sicher sein, dass Herr Ringhofer aber auch nächste Woche irgendwo irgendwen irgendwas schimpfen wird.

Alles war anders an diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. "Warum" war wohl das am meisten gebrauchte Wort auf der Pottschacher Sportanlage. Warum? Warum wurde Trainer Mani Hecher entlassen? Offiziell heißt es: "Er vertritt nicht die Interessen des Vereins". Warum entlässt man einen Trainer, der aus einem gehandelten Fixabsteiger vor der Saison einen Neuntplatzierten formte? Nur ganz ganz ganz ganz Wenige hätten Hecher diesen Erfolg zugetraut. Warum? Dass Mani Hecher kein einfach Gestrickter ist, wissen die meisten Pottschacher. Dass Mani Hecher, wenn ihm etwas nicht passt, nachtragend sein kann, werden manche auch erahnen. Wer ist das nicht? Doch egal wie man zu ihm stehen wird, Faktum ist: Hecher war für diese Mannschaft der beste Trainer, fast alle (von allen sprechen wir hier nicht) schätzten ihn, hörten auf ihn. Warum? Warum spricht man einem erfolgreichen Trainer bei der Generalversammlung noch vor wenigen Wochen das uneingeschränkte Vertrauen aus, um dann nach dessen Entlassung sofort einen Nachfolger parat zu haben? Und wenn man schon den Trainer entlassen möchte: Warum trennt man sich nicht nach dem letzten Spieltag von ihm? Warum passiert so etwas drei Wochen vor der 90-Jahr-Feier des SVSF Pottschach? Einen unglücklicheren Zeitpunkt gibt es nicht, ohne Wenn und Aber.

Alles wird anders nach diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Über ein Jahr dauert nun schon die Amtszeit des neuen Obmanns Lorenz Kampitsch. Er hat vieles angepackt und etliches umgesetzt, man schau sich nur die SVSF-Kantine an. Er wollte künftig ohne Legionäre spielen. Schon damals ließ ihn die Kritik (und die war da) an dieser Entscheidung kalt. Er sprach vom "Pottschacher Weg". Fixabsteiger sagten die einen, "na endlich" sagten ein paar wenige. Doch die Überraschung war umso größer, als die Kampfmannschaft Punkt um Punkt sammelte und nun, zwei Runden vor dem Ende, kurz vor dem Klassenerhalt steht. Diesen Erfolg hat aber nicht er sich zuzuschreiben, sondern der Trainer und die Mannschaft. Dass gespart werden muss, war von vornherein klar. Legionäre weg, zudem kündigte Bürgermeister Rupert Dworak an, dass der SVSF zur 90-Jahr-Feier schuldenfrei sein würde. Super! Kompliment an den Obmann, stark gemacht, da fährt die Eisenbahn drüber. Nach 29 Jahren Obmannschaft von Josef Buchegger wurde zudem intern viel umgekrempelt, alles sollte transparenter werden. Auch gut, das unterschreiben wir! Was sich änderte: Alles, was nicht den Sportbetrieb der Kampfmannschaft anbelangte, wurde teurer (und wichtiger). Die Kampfmannschaft aber leider auch, etwas mehr Erfolgsprämien für die gesamte Mannschaft, dazu ein bisschen Fahrtspesen für den einen oder anderen. Dass der SVSF Pottschach eine der billigsten Mannschaften im Fußballbezirk hat, ist Tatsache, doch das nur nebenbei. Dass man die Kosten für den Sportbetrieb senken möchte, ist das gute Recht jedes Obmanns. Doch dazu gehört jede Menge Gefühl und auch Zeit. Gefühl? Keines. Zeit? Überhaupt keine. Und da wären wie wieder beim meistgenutzten Wort des Tages. Warum erhöht man Punkteprämien und Fahrtspesen, wenn man ein Jahr später sowieso den Rotstift ansetzen will? Hätte ein offenes Gespräch mit (allen) Betroffenen ("Könntest du dir vorstellen, nächste Saison für weniger zu spielen?") nicht mehr gebracht? Die Mannschaft war bereit, ihren Teil dazu beizutragen. So aber hieß es "Du kriegst nichts mehr!" und als das logische Nein kam, folgte nicht mal der Versuch, den Spieler zum Bleiben zu bewegen. Es heißt: "Geld, dass man nicht hat, soll man nicht ausgeben!" Das ist ein berechtigter Ansatz. Doch lediglich bei dem zu sparen, was am wichtigsten für den Verein ist, nämlich beim Aushängeschild des Vereins, der Kampfmannschaft, ist höchst fragwürdig. Überall ein bisschen wäre doch viel richtiger…

Alles wird anders nach diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Das ist klar! Etliche Funktionäre haben ihre ehrenamtliche Arbeit eingestellt, sind nicht mehr bereit, ihre Freizeit zu opfern. Jene Mannschaft, die heute gegen Hirschwang auf das Feld lief, wird in dieser Form nicht mehr zusammen spielen. Es ist zu befürchten, dass der Großteil des Kaders nicht mehr für den Klub auflaufen wird. Was fix ist: Torhüter Patrick Schweritz kehrt nach St. Egyden zurück, Christian Benczik ist verletzt, wird sich im Sommer abmelden, damit steht Pottschach im Sommer ohne Goalie da. Die Routiniers Thomas Teichmeister, Sinan Celik und Peter Fahrner beenden ihre Karriere. Die gesamte Verteidigung ist somit futsch. Stand-By-Pottschacher Reini Mohr kümmert sich künftig ausschließlich um seine berufliche Laufbahn. Alex Höller wechselt zu den Wr. Neustädter Magna-Amateuren. Mathias Hecher wird es sich irgendwo verbessern. Ein weiterer Exitus kündigt sich an, auch andere Spieler (Daniel Pletz) wissen noch nicht, wie sie weiter machen. Mannschaftsintern wird noch verhandelt, ob die beiden letzten Partien zu Ende gespielt werden. Ansonsten wird die U23 am Samstag in Neunkirchen auflaufen, die U16 dürfte somit zur U23 befördert werden. Neuzugänge sind für´s Erste auszuschließen. Gemunkelt wird über eine Kooperation mit einem höherklassigen Verein. Magna Wr. Neustadt? Das könnte so funktionieren: Pottschach wird Satellitenklub, parkt "zu schwache" Kicker beim SVSF, die für uns natürlich immer noch gut genug wären. Die Kosten übernimmt der Topverein, dafür hat dieser ein Recht auf die besten Pottschacher Kicker. Stichwort "Der Pottschacher Weg"…

Alles wird anders nach diesem Samstag, dem 29. Mai 2010. Nach mehreren matten Jahren herrschte im Frühjahr endlich wieder so etwas wie Aufbruchstimmung beim SVSF Pottschach. Eine fast "reine" Pottschacher Mannschaft hätte in dieser Zusammensetzung und mit der einen oder anderen Änderung eine rosige Zukunft vor sich gehabt. Doch was wird jetzt passieren? Was sind die Folgen? Anzunehmen ist, dass der Klassenerhalt mehr oder weniger sogar eine Bestrafung für die neue Kampfmannschaft sein wird. Das nächste Jahr in der 1. Klasse Süd wird ein bitteres werden, von der 1. Klasse Süd verabschiedet man sich für geraume Zeit. Wenn man einmal sportlich auf dem absteigendem Ast ist, gibt es so schnell kein Zurückkommen. Frag nach in Ternitz, Neunkirchen und Aspang. Der SVSF ist bekannt für seine treuen Fans, die in Scharen zu den Auswärtsspielen mitreisen. Der SVSF war immer interessant für Spieler anderer Vereine. Diese Sachen sind für´s Erste mal Vergangenheit. Unser Obmann will SVSF als einen Ausbildungsverein etablieren, die Nachwuchsarbeit soll Vorrang haben. Pottschach wird tatsächlich auch weiterhin starke Fußballspieler ausbilden, nur werden diese dann nicht mehr in der Kampfmannschaft spielen, sondern wo anders ihr Können zeigen. Der Hunger nach (sportlichem) Erfolg ist künftig zweitrangig. Schwer zu akzeptieren für einen Verein, der sich immer nach dem Erfolg orientierte.

Alles wird anders nach dem Samstag, dem 29. Mai 2010. Dass sich der Webmaster mit diesem Artikel nicht nur Freunde macht, ist klar. Auch er ist nach fünf Jahren an dem Punkt angelangt, wo er sein Tun in Frage stellt. Warum ist er vor einem Jahr zurückgetreten? Wäre dann immer noch Josef Buchegger Obmann? Der Webmaster fühlte sich am Samstag wie ein Häufchen Elend, nicht anders wird es vielen gegangen sein, die diese Zeilen jetzt lesen. Fragen, die mich quälen: Was passiert mit der 90-Jahr-Feier? Kommen überhaupt alle noch, die ihr Kommen zugesagt haben? Wie wird die Kampfmannschaft aussehen, die gegen die SVSF-Legionäre spielt? Und noch viel wichtiger: WIE GEHT´s WEITER?

Abschließend möchte ich Obmann Lorenz Kampitsch alles Gute für sein Vorhaben wünschen. Sollten sich seine Maßnahmen im Nachhinein als gut für den Verein herausstellen, bin ich der Erste, der ihm die Hand schütteln, sich entschuldigen und ihm gratulieren wird. Was die Homepage betrifft: Sollte sie nicht schon vor dem Saisonende abgedreht, der Webmaster entlassen werden, weil "er die Interessen des Vereins nicht vertritt", oder die Seite jemand anderer übernehmen, dann wird diese Saison noch fertig berichtet. Ansonsten stirbt www.svsf-pottschach.at am Tag nach der 90-Jahr-Feier…